Mittwoch, 3. Juni 2009

Elternsprechtag singlegerecht gestaltet

Zwei bis drei mal im Jahr ist es dann wieder soweit. Meine beiden Kinder stehen mit einem Wisch vor mir und erklären mit ernster Mine, dass ich hier unten zu unterschreiben hätte, ob ich will, Zeit habe oder ob ich gleich tot umfalle, wurscht! Hauptsache meine Unterschrift steht auf diesem winzigen, mit der Schere abtrennbaren Abschnitt mit dem Hinweis:

"Elternsprechtag am xx.xx.xxxx von 16:00 Uhr bis 19:00 Uhr!
Sie können sich ab 16:00 Uhr in die Listen an der Klassentür des jeweiligen Lehrers eintragen!"

Super! Ich dachte immer, diese Elternabende sind extra für Berufstätige?
Für mich heißt das aber, dass ich mindestens 2 Stunden eher in meiner Arbeit freinehmen muss. Um das Ganze richtig spannend zu gestalten, sind ein paar ganz besonders schlaue Köpfe auf die Idee gekommen, 200-400 aufgelöste, genervte Mütter und Väter Termine in 10 minütigen Abstand in die Listen eintragen zu lassen.
Uns Bürostuhlhockern tut ja ein wenig Bewegung gut - deshalb hetzt man wie eine Geisteskranke, hilfesuchend, jedes kleinste Schild an den Klassentüren prüfend durch ein 5000 m² großes Schulgelände mit 3 Etagen.
Gott sei dank hilft ja jedem Verzweifelten ein kleiner Grundrissplan in Größe Din A5 weiter, auf dem man spätestens dann erkennt, dass man falsch ist, wenn an der Decke ein großes "A "prangert, man aber eigentlich nach "B" wollte!
Aber da es den anderen, kurzfristig aus wichtigen Besprechungen und Jobs herzitierten Zöglingsvertretern auch nicht anders geht, kippt die Stimmung im Gelände schnell in eine gewisse, noch zurückhaltende Aggression um.
Da entfacht schon mal ein kleines Fechtduell mit dem Kuli, wenn einer meint, er war eher an der Tür angekommen als der andere!

Und diese perfekte Organisation! Man kann es nur bewundern - bei manchen "Fachbeauftragten" hängen die Pläne schon seit 14:00 Uhr an der Tür. Ganz pfiffige Erziehungsberechtigte haben gleich nach der Zeitmanagementprinzip die Terminvergabe an ihre Kids delegiert und diese Listen sind dann um 16:00 Uhr schon voll. So ein Pech aber auch!

Mal sind gar keine Pläne an den Türen vorhanden. Hier finden sich schnell Gruppen von kreativen Männern und Frauen zusammen, die aus Toilettenpapier Listen nachbasteln, um sich dann vorsichtig einzutragen. Toilettenpapier reisst ja so schnell! Kaugummis helfen beim hinkleben, dass kennen wir ja noch alle aus unserer Schulzeit, nicht wahr?

Dann wieder erfährt man nach einer halbstündigen Wartezeit, dass diese Lehrer kurzfristig erkrankt sind oder auf einer Fortbildung verweilen.
Schön! Vielleicht lernen sie da mal Zeit- und Selbstmanagement? Oder das Sie eigentlich von unseren Steuergeldern bezahlt werden und deshalb so etwas wie ein "Dienstleistungsunternehmen" sind?
Außerdem zeigt sich in diesen Institutionen klar der Mangel an Verständnis für die Situation von inzwischen jeder zweiten bis dritten Familie - denn die besteht aus Alleinerziehenden!

Die Lehrerin meines Sohnes holt mich an der Tür ab und wir stellen fest, dass die Mutter vorher 5 Minuten überzogen hat und damit mein Termin um 5 Minuten gekürzt ist. Denn schließlich hängt da draussen an der Tür ja ein genauer Plan!

Wir fangen also mit dem wesentlichen Problemen meines Sohnes an. Er ist unkonzentriert, hat große Wissenslücken, pupertiert, er wird das Schuljahr voraussichtlich nicht bestehen und ihm fehlt die fachliche Unterstützung einer Zweitlehrerin Zuhause! Vier Minuten sind rum!
Aber die Ersatzlehrerin soll ich ihm halt jetzt einfach ersetzen oder ihn in eine Nachhilfe schicken, die mich als Alleinerziehende auch nur schlappe 250 € im Monat kosten wird! Natürlich könnte ich mich auch nach meinem 9-10 Stunden Job jeden Tag, nach der täglichen Hausarbeit und dem Kochen, Küche aufräumen usw. nochmal 2 Stunden mit ihm zum Lernen zurückziehen. In meinem Alter braucht man nicht mehr so viel Schlaf!

Ja, ich finde, dass man diese Lehrerin doch wirklich unterstützen sollte! Sie ist jung und hat doch ein Anrecht auf viel Freizeit und ihren täglichen Sport als Ausgleich auf die anstrengende Jugendbande! Auch , dass ihr der Beamtenstatus alle Jobängste nimmt, ist durchaus akzeptabel. Eine gesunder, ausreichender Schlaf ist schließlich sehr wichtig für sie und ihre täglichen Bemühungen um unsere Nachkommen.

Egal ob sie den Kids weiterhilft oder nicht, denn wer will und kann schon ihr fachliches Können sowie Ihre "Erziehungsleistung" bei unseren Kindern genau nachvollziehen? Können wir das etwa?

Warum eigentlich nicht! Wir könnten doch alle nach dem Schuljahr einen Beurteilungsbogen zugesendet bekommen. Hier beurteilen wir die Leistungen und das fachliche Können der Lehrer aus der Sicht der Kinder und aus der Sicht der Eltern.
Auch die Schule und Ihre Führung sollte beurteilt werden. Und genau danach werden Noten für Lehrer und Co. vergeben.

Also...in der freien Wirtschaft werden nach eben solchen Beurteilungen und Kriterien auch die Gehälter oder gar die Jobvergabe angepasst!

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