Montag, 1. Juni 2009

Mit Rose im Kaffee

Strahlender Sonnenschein! Ich warte wie so oft schon seit einer dreiviertel Stunde auf eine Freundin in einem Straßenkaffee mitten der Fußgängerzone. Inzwischen klopft mein Herz ein paar Takte schneller, was mit dem Konsum von 3 Cappuccinos zu tun hat. Nach Rückfrage über das Handy hatte ich jedesmal nur die Mailbox als Ansprechpartner.
Gerade überlege ich ernsthaft, ob ich einfach zahlen und gehen soll, da spricht mich von hinten eine zittrige, männliche Stimme an.

"Sind Sie Brigitte?" Überrascht drehe ich meinen Kopf in die Richtung der Stimme und vor mir steht ein Herr, ca. 50 Jahre alt, mit schütterem grauen Haar und einem Bierbauch, indem ein Fußball sein Zuhause gefunden hatte. Die Sonne spiegelt sich in seinen Brillengläsern, so dass ich keine Augenfarbe erkennen kann. Das Gesicht ist leicht gerötet und die schwulstigen Lippen erinnern mich an einen Karpfen. Mit diesen schwimmreifenähnlichen Lippen und einem erwartungsvollen Blick glotzt er mir tief von oben in den Ausschnitt meines T-Shirts. Was er da sieht, scheint ihm irgendwie zu gefallen, denn die Brille rutscht gleich auf seiner schwitzigen Nase einen Zentimeter Richtung Nasenspitze.

Ich zupfe unruhig mein Dekolltè zurecht und hoffe inständig, es möge kein Schweißtropfen auf mich herunterfallen. Mein Blick wandert einmal an dem Mann von oben nach unten. Vielleicht würde ich ja irgendetwas wiedererkennen?
Mit Schrecken bleibt mein Blick an den dünnen, behaarten, weißen Waden hängen, die zur Hälfte mit beigebraunen Socken verdeckt waren. Oh Gott! Die Füße stecken auch noch in hellbeigen Gesundheitssandalen! Schockiert löse ich mich von diesem Anblick!

" Nein, ich bin nicht Brigitte! Wie kommen sie darauf?"
Enttäuschung macht sich auf seinem feisten Gesicht breit!
"Och...ich dachte....!" Er zeigt mit seinen kurzen, wurstigen Fingern auf meine inzwischen an wassermangel leidende Rose, die ich mir jeden Freitag zum Ausklang der Arbeitswoche gönne. Sorte Esperanza, eine Blüte so groß wie ein Espressoteller mit vanillefarbenen Blütenblättern, die in roten, gekräuselten Spitzen endeten.
Er dagegen hielt eine eher mickrige, dunkelrote Rose mit einem Blütenkopf, so groß wie eine Euromünze in der Hand.
Schnell beteuerte ich nochmal: " Nein wirklich! Ich bin auf gar keinen Fall ihre Brigitte!"

In diesem Moment kommt meine Freundin schon um die Ecke geschossen! Sieht mich in der Unterhaltung mit diesem Herrn und flötet: " Man kann dich wirklich nicht alleine lassen! Schon machst du wieder Bekanntschaften mit total netten Herren!" Dabei strahlt sie aufreizend das Karpfengesicht an.

Das ist einer dieser Momente im Leben, in denen ich ernsthaft überlege, ob ich ihr nicht die Freundschaft aufkündige!

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