Dienstag, 28. Juli 2009

Laufbahnempfehlung

Endlich Feierabend! Ich schwinge vegnügt das schmiedeeiserne Tor zu meinem kleinen Reihenhäuschen auf und hole die Post aus dem Briefkasten. Ein einzelner Brief liegt drinnen!
"Ach, bestimmt wieder eine Rechnung", denke ich und werfe nur oberflächlich einen Blick darauf.
Erschrocken bleibe ich vor der Haustür stehen. Der Absender ist die Schule meiner Kinder. "Also, doch.....", traurig und erschrocken zugleich gehe ich ins Haus.
Langsam öffne ich den Brief, denn Hiobsbotschaften muss ich nicht mit geballter Macht erfahren. Außerdem weiß ich, was dieser Brief enthält.

Betreff: Laufbahnempfehlung!

zu meinem Bedauern muss ich ihnen mitteilen......

Mein Sohn ist durchgefallen!
2 Fünfer - Mathe und Latein!

Die Lehrerkonferenz rät ihnen folgendes: Lassen sie jetzt ihren Sohn in die Realschule übertreten. Voraussetzung hierfür ist ein erheblich gesteigerter Einsatz.

Hurra! Das erklärt mal einem vollpupertierenden fast 16 jährigen Dauertrotzer, der momentan null Bock auf gar nichts hat. Ob ich den Burschen in die Realschule schicke oder in die Hauptschule, dass ist dem jungen Blockadeschädel alles egal! Der will nur vor seinem PC sitzen, nichts hören und vor allem nichts machen!

Ja....da gibt es noch die Möglichkeit der Nachprüfung, auf die der Junior ganauso wenig Bock hat wie auf ein Gespräch mit seinen Eltern.

Die Schule macht es sich leicht. Ein Brief und alle Entwicklungsprobleme eines Jugendlichen werden damit an eine andere Institution abgeschoben, hauptsache das hochkarätige Lehrerkollegium muss sich nicht mehr damit rumschlagen. Gibt es doch genug vor sich hin vegetierende Pupertierende, die gerade noch mitrutschen. Da muss man den einen nicht auch noch motivieren, es vielleicht doch nochmal zu versuchen!

Und genau dieser eine hat Angst vor der Schmach, es trotz angebotenen, teuren Nachhilfeunterrichts trotzdem nicht zu schaffen. Ja, wieder zu versagen! Denn als cooler Schlabberhosenträger versagt man nicht. Das ist uncool!
Genau dieser Jugendliche hätte jetzt fachlich kompetente Unterstützung dringend nötig gehabt, denn auf die Eltern hört ein pupertierender Heißsporn auf gar keinen Fall! Weiß ich übrigens aus eigener, leidvoller Erfahrung!

Also was tun?

Ich bin ehrlich gesagt ratlos!

Vielen Dank, liebes Schulsystem, dass du die normale natürliche Entwicklung unserer Kinder, die mal stark ausgeprägt und mal eher ruhig sanft verläuft, so optimal abfängst!
Vielen Dank für die Unterstützung, die du nicht nur Schulanfängern und übertrittwilligen Kindern gibst, die mit 8-9 Jahren vor lauter Angst schon Beruhigungstabletten brauchen.
Vielen Dank, dass du unseren Kindern in diesen zarten Alter schon das Gefühl des "Versagens" vor Augen führst!

Vielen Dank!

4 Kommentare:

  1. Ich bin vor vielen Jahren in der neunten Klasse auch durchgefallen (und mein Zeugnis war noch viel schlechter), mich wollten sie auch auf die Realschule schicken, konnte es aber irgendwie durchsetzen, dass ich auf dem Gymnasium blieb.
    Meine Schulkarriere war bis zum Abitur nie mehr besonders glänzend, aber ich hab mich überall durchgewurschtelt und anschließend sogar ein nicht ganz einfaches Studium geschafft. Heute hab ich immerhin einen Job.

    Deswegen mein Tipp: Durchhalten. Das muss man dann aber auch wollen. Und darüber können und sollten sich auch pubertierende Schlabberhosenträger dringend Gedanken machen. Auch wenn das uncool ist. Ist doch eh alles nur Getue. War es bei uns doch damals auch.

    Ich bin mir sicher: gerade jetzt braucht er die meiste Unterstützung. Auch wenn er vielleicht so tut, wie wenn ihm alles sch**ssegal ist. Aber das weisst Du sicher besser. Du bist seine Mutter.

    Euch beiden viel Glück in der nächsten Zeit! Und nicht aufgeben, so schlimm ist fdas Ganze nun auch wieder nicht :-)

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  2. Vielen Dank für deine aufmunternden Worte. Ich glaube, du hast recht! Jetzt muss ich aber erstmal durch die Schichten von Schlabberstoff kommen, um den schnellsprießenden Spross auch nur irgendetwas näher bringen zu können. Was mich so maßlos ärgert, ist, dass die Lehrerin in ihrem Brief noch nicht einmal die Möglichkeit des Wiederholens der Klasse erwähnt.
    Gerade habe ich den Artikel im Web gefunden:

    http://www.faz.net/s/Rub64992C04CF2F4A2E8399BD4B893B56FE/Doc~EE2F5E87B54EF45029D93D5BBF74BC79A~ATpl~Ecommon~Scontent.html

    Nochmal vielen Dank!(:-)

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  3. Ich habe als allein erziehender Vater mit einem meiner Kinder ähnliche Erfahrungen gemacht. Und ich muss sagen, dass unsere Schulen viel zu wenig auf die einzelnen Kinder eingeht. Wichtig war mir immer meine Beziehung zu meinen Kindern. soll heißen, dass wir gut mit einander kommunizieren konnten. So fühlte er sich nie allein gelassen und ich konnte mit ihm 'Zielvereinbarungen' treffen; Auch wenn diese Ziele mir teilweise zu wenig erschienen. Er hat so aber seinen eigenen Weg gefunden und gemacht: Vom Gymnasium auf die Realschule, dann Hauptschule, dann Praktikum, dann gute Lehre, dann Abi in einem Jahr nachgemacht und heute studiert er (in meinen Augen schon zu eifrig). Es muss nicht immer der gerade Weg sein nur dürfen wir unsere Kinder nie ganz fallen lassen. Es ist teilweise (sehr) harte Arbeit, aber die Kids haben es verdient, denn die haben es heute auch nicht immer leicht. Bleib dran!

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  4. Vielen Dank Jonny! Morgen habe ich einen Termin in der Schule! Mein Sohn will es jetzt wenigstens mal mit Nachhilfe versuchen und das finde ich prima! Man kann nicht immer alles alleine schaffen und muss auch lernen, Hilfe anzunehmen, wenn sie einem geboten wird.
    Wir bleiben dran! Was dein Kind geleistet hat, finde ich klasse und hoffe, meiner wird auch mal so "stark!"

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