Mode ist etwas sehr Schönes - ab und an. An manchen Tagen liebe ich es, mich zu stylen und aufzubrezeln. Es ist fast wie Fasching. Erst schaut man in den Spiegel und sieht sich als alltäglicher Ottonormalo. Dann geht es los!
Schicke Wäsche - sieht zwar keiner, gibt einem aber ein gutes Gefühl - halterlose Strümpfe, ein enger Strickrock mit dem dazu passenden enganliegenden, sehr figurbetonten Pulli, passende Strickjacke und als i-Tüpfelchen ein passender langer Schal. Dazu sündhaft hohe Pumps in der gleichen Farbe. Mit einem Blick in den Spiegel stelle ich fest, dass es mir schon fast gelungen ist, die Identität zu wechseln. Jetzt fehlt nur noch die perfekte "Kriegsbemalung", die mit einem farbidentischen Lidschatten, Lidstrich, Rouge und Puder und der berühmten long lash Wimperntusche endlich aus mir so etwas wie Matahari macht.
Mit diesem Outfit beschließe ich, mich auf der teuersten Einkaufsmeile der nahegelegenen Großstadt blicken zu lassen.
Leider passt mein kleiner Zweitürer mit Heckklappe nicht so ganz zu meinem momentanen Äußeren, aber den Blechkamaraden kann man ja in der Parklücke irgendwo unter seinesgleichen zurücklassen.
Kaum bin ich in der Stadt angekommen, da lacht mir auch schon das Glück entgegen. Direkt vor "Hermes" finde ich eine ausreichend große Parklücke für meinen fahrbaren Untersatz.
Zwei Verkäuferinnen aus dem Geschäft schauen arrogant aus der Glastür, erst abschätzend auf mich und dann eher bemitleidend auf mein Auto. Blöde Puten!
Ich schließe mein Auto ab und seufze erleichert, als die Schließanlage sich nach unten bewegt. Manchmal hat mein Autochen seinen eigenen Kopf und die Schließanlage macht, was sie will.
Mit einem triumpfierenden Blick auf die zwei Weiber stöckele ich davon.
Der Nachmittag war herrlich! Ich habe tatsächlich zwei Designerstücke stark herabgesetzt ergattert und hatte für ein paar Stunden das Gefühl, eine schöne und elegante Frau zu sein. In einem Kaffee kann ich die bewundernde Blicke zweier Herren vom Nachbartisch einfangen und genieße diesen Augenblick der positiven Aufmerksamkeit. Was will ich mehr!
Mit einem Blick auf die Uhr fällt mir ein, dass meine Parkzeit gleich abläuft und ich mache mich auf 9 cm Absätzen geschwind auf den Weg zum Auto.
Die Einkaufsstrasse ist inzwischen voll geworden und ich muss mich durch ein Gewühl von Menschen drängeln. Meine Füße schmerzen allmählich vom stundenlangen ungewohnten Zehenspitzengang und ich war echt froh, als ich endlich vor meinem Auto stehe.
Erleichert stecke ich den Schlüsseln ins Schloss und.....nichts.....das Auto geht nicht auf. Ich ziehe ihn wieder heraus und versuche es erneut. Mein Auto scheint seinen Parkplatz in der High Society zu geniessen. Es will hier nicht weg!
Ich fluche leise vor mich hin und gehe zur Beifahrertür.
Dann steige ich eben da ein...mir doch wurscht!
Wieder versuche ich mein Glück und....kein Schloß bewegt sich!
Scheiße! So langsam werde ich echt sauer auf den Mistkarren. Ich denke insgeheim an Verschrottung und Metallpresse und probiere es immer wieder, aber das Auto hat wie gesagt seinen eigenen Kopf. Ab und an lässt es einen rein und dann wieder nicht.
Stinksauer trete ich dem Auto gegen die Reifen und merke gleich, Autsch! Das war keine gute Idee! Mit den spitzen Pumps tut das richtig weh! So ein Mist aber auch. Dann bleibt mir nur die Heckklappe!
Mit einem leichten Blick zur Seite kann ich die zwei Tussi in dem Hermesladen an der Scheibe kleben sehen. Sie grinsen hämisch und haben sich auf wunderbareweise vermehrt. Jetzt warten gleich vier Tussis und ein geschleckter, aufgeblasener Gockel mit rosa Seidentüchchen um den Hals auf mein Schicksal.
Natürlich lasse ich mir nichts anmerken und tue so, als würde ich immer die Heckklappe zum Einsteigen benutzen. Mit hocherhobenen Kinn öffne ich den Kofferraum, schmeiße schwungvoll meine Einkaufstüten in den vorderen Bereich des Autos und hüpfe mit einem kleinen Anlauf hinterher.
Da hänge ich nun. Die Füße ragen noch aus dem Kofferraum, die Beine sind wenigstens schon drinnen und mein Oberkörper klemmt elegant zwischen dem Rücksitz und der Rücklehne. Mit den Händen greife ich die vordere Kopfstütze und ziehe mich wie ein Bodybuilder nach vorne. Aber irgendwie komme ich nicht so richtig voran.
An der Hüfte wird es beim "nach vorne ziehen" so luftig und ich lasse lieber schnell nach. Mein Strickrock hat sich mit den Maschen irgendwo in der Klappe verfangen. Durch die Scheiben meines Autos kann ich viele grinsende Gesichter sehen. Oh Gott, wie peinlich!
Plötzlich taucht neben mir an der Beifahrerseite ein markantes, schönes Männergesicht auf. Er lächelt ins Auto und ruft: "Soll ich ihnen helfen!"
Ja, toll! Was sage ich dem denn jetzt! Ja, bitte! Fummeln sie mir mal am Hintern rum und ziehen mir meinen, am Kofferraumdeckel festhehängten Rock, wieder nach oben? Ich hatte einen Stringtanga an und der Rock dürfte inzwischen mit seinen Gummizug auf der Hüfte sitzen.
Ich lächele gequält und nicke! Egal! Irgendwas musste ja passieren, sonst hänge ich morgen noch fest.
Der nette Gentleman macht sich gleich am Kofferraum und an mir zu schaffen. Ich spüre, dass mein Rock wieder locker sitzt und kann ihn mit einer Hand wieder in eine etwas schicklichere Lage bringen. Wie ein Aal lasse ich mich graziös nach vorne gleiten, rappele mich auf den vorderen Sitzen zurecht und versuche meine völlig verstrubbelten Haare wieder halbwegs nach hinten zu drapieren. Dann öffne ich die Tür von innen und strahle meinen Retter an!
"Vielen Dank für ihre Hilfe!"
Der Herr grinst: " Steigen sie immer so ein? Wenn ich ihnen das nächste Mal beim Anziehen helfen kann, sagen sie mir Bescheid!"
Er greift in die Brusttasche seines Sakkos und gibt mir seine Visitenkarte.
"Melden Sie sich doch mal!"
Damit richtet er sich wieder auf und lacht mich noch zum Abschied an. Ich werde knallrot und strecke den kichernden Zimtziegen hinter der Schaufensterscheibe meine Zunge raus.
So schnell hatte ich noch nie ausgeparkt!
Dienstag, 23. Juni 2009
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